Außergewöhnlicher Fund am Dünsberg, 2017

Keltisches einschneidiges Hiebschwert ca. 300 v.Chr.

Hiebschwert jetzt im Museum „KeltenKeller“

Ein am Dünsberg entdecktes Hiebschwert ist im Museum für Archäologie im Gleiberger Land zu sehen.
Wie kommt ein germanisches Schwert an einen keltischen Siedlungsort?

Zum zehnten Jubiläum des Museums „KeltenKeller“ in Biebertal wurde am Freitag ein ganz besonderer Fund der Öffentlichkeit zugänglich gemacht: Ein einschneidiges Hiebschwert.

Was da am 21. Januar 2016 auf dem Dünsberg aus dem Boden ragte, ist wirklich außergewöhnlich. Nach einem Wintersturm fand man hier die alte, korrodierte und zerbrochene Klinge eines Hiebschwertes von eindeutig germanischer Machart.

Aber was sucht ein germanisches Schwert auf einem keltischen Siedlungsort?
Diese Frage stellte sich im vergangenen Jahr Dr. Claudia Nickel, Vorsitzende des Vereins „Archäologie im Gleiberger Land“. Zwar gab es durchaus Handels- und auch Wanderwege zwischen den Germanen und den Kelten, aber Schwerter wurden dabei normalerweise nicht gehandelt. „Die Kelten konnten mit den einschneidigen Hiebschwertern der Germanen nichts anfangen“, erklärte Nickel am Freitag.

Andersherum war es übrigens genauso: Einige Funde belegen, dass die Germanen sogar die zweischneidigen keltischen Schwerter veränderten, um sie wie ihre Waffen zu benutzen. Die wahrscheinlichste Herkunftsgeschichte ist wohl, dass die Klinge zu römischer Zeit, vermutlich im ersten Jahrhundert vor Christus, mit einem germanischen Söldner auf den Dünsberg gelangte, wie die Vereinsvorsitzende erläuterte. Dort sei die Waffe dann erbeutet und nach keltischer Art rituell geopfert worden – denn die Kelten auf dem Dünsberg bestatteten Tote nicht mit Waffen in den Gräbern.

Doch als das rund 80 Zentimeter lange Schwert gefunden wurde, war es von einer festen Erdschicht umgeben, die sich mit dem korrodierten Metall verbunden hatte.

Zwei Monate lang restaurierte Daniel Usher es im Römisch-Germanischen Museum in Köln, bevor es nun seinen Bestimmungsort in Rodheim-Bieber finden konnte – ein wirklich tolles Geschenk zum zehnten Jubiläum des „KeltenKellers“.

Für die Öffentlichkeit ist das einschneidige Hiebschwert erstmals an diesem Sonntag, 26. März, im Museum für Archäologie im Gleiberger Land in Biebertal-Rodheim im Keller der Gemeindeverwaltung, zu sehen. Geöffnet ist von 14 bis 16 Uhr.

Quelle: Gießener Allgemeine, 25.03.17

PS: „Die wichtigste Angriffswaffe der Kelten war das Schwert. Frühe Exemplare haben eine spitze, für Hieb und Sich gleichermaßen geeignete Klinge von durchschnittlich 60 cm Länge, während sich später das reine Hiebschwert mit einer vorn abgerundeten Klinge von 80 cm und mehr durchsetzte.
Wie metallurgische Untersuchungen ergaben, wurden die Klingen gelegentlich zur Erhöhung der Elastizität aus mehreren Eisenstangen unterschiedlicher Härte hergestellt, wobei man das härteste Material für die Schneide verwendete.
Für die hohe Wertschätzung des Schwertes spricht, dass man auf den Klingen häufig Markierungen mit Darstellungen von stilisierten Tieren oder Symbolzeichen anbrachte, die man gelegentlich auch mit Goldblech einlegte. Ob es sich bei diesen Schlagmarken um reine Fabrikations- bzw. Besitzerstempel handelt oder ob ihnen darüber hinaus eine rituelle Bedeutung zukam, ist ungewiss.
Die Griffe der Schwerter hatten häufig die Form eines langgestreckten X, wobei die beiden Griffschalen zumeist aus Holz oder Bein geschnitzt und gelegentlich mit Schmuckeinlagen verziert waren. Oft wurde der Knauf als rundplastischer Kopf gestaltet, was dem Griff ein menschenähnliches Aussehen verlieh.
Die Schwerter bestanden zumeist aus Eisen- oder Bronzeblech und waren häufig an der Öffnung oder an der Spitze, dem Ortband, in Treib-, Ziselier- und Punztechnik verziert.
Nach Zeugnis der bildlichen Darstellungen wie auch der antiken Autoren trug man das Schwert an einer Kette aus Eisen oder Bronze an der rechten Hüfte.
Das hohe Ansehen des keltischen Schwertes in der Antiken Welt bezeugt nicht zuletzt der Umstand, dass eine der altkeltischen Bezeichnungen dafür ins Lateinische entlehnt wurde (lat. gladius, altirisch claideb und kymrisch cleddyf) und dort als alte Erbwort ensis weitergehend verdrängte.“ …
„Auf die Frage nach der praktischen Verwendung der keltischen Waffen und ihrer Wirkung im Kampf geben in erster Linie die Beschreibungen antiker Autoren Auskunft. So schildert etwa im 2. Jahrhundert v. Chr. der Historiker Polybios, wie in der Schlacht von Telamon 225 v. Chr. alle Hügel der Umgebung vom Lärm des Kriesgeschreis und der Trompeten widerhallten, während der Anblick der vielfach nackten und mit goldenen Arm- und Halsringen geschmückten Gallier die Römer in Angst und Schrecken versetzte. Die psychologische Wirkung der gallischen Krieger betont auch eine Schilderung des Poseidonios, die sich bei Diodor von Sizilien erhalten hat. Ihr zufolge forderten die Kelten vor der Schlacht häufig einzelne Krieger zum Zweikampf heraus, wobei sie ihre Waffen schwangen, lautstark die eigenen Heldentaten und die ihrer Vorfahren rühmten und gleichzeitig den Gegner durch Schmähungen herabzusetzen suchten.“

zitierte Quelle: Maier, Bernhard: Die Kelten: ihre Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart, E-Book

Grabungen am Dünsberg 2014

Archäologie im Gleiberger Land bilanziert Grabungen 2014

Biebertal (m): Ohne den Einsatz des Vereins „Archäologie im Gleiberger Land“ wäre vieles, was inzwischen Aufschluss und Einblicke in die frühgeschichtliche Siedlungsentwicklung am Dünsberg gibt, verborgen geblieben. Der zog Bilanz der Grabungssaison 2014.

Seit 2005 gibt es den Verein, und seit sieben Jahren das kleine Museum „Keltenkeller“.
Dort wiederum sind inzwischen weit mehr als 200 restaurierte Fundstücke aus den Grabungen der zurückliegenden Jahre untergebracht. Langsam wird es eng, sagt Arnold Czarski, Geschäftsführer und zweiter Vorsitzender des Vereins. Händeringend suche man Räume, die zumindest als Lager genutzt werden können. Der Verein arbeitet ehrenamtlich, was bedeutet, dass alle Kosten, auch im Zusammenhang mit den teuren Restaurierungsarbeiten, ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert werden müssen. Öffentliche Zuschüsse gibt es keine. Für die Unterstützung der Gemeinde, in Form der kostenfreien Nutzung der Räume des Museums, ist man dankbar.
Die Grabungssaison 2014 ist inzwischen zu Ende. Vier Wochen lang waren sie wieder unterwegs, mit grobem und feinem Werkzeug, um Wertvolles aus dem Boden zu bergen. Seit 2008 gilt alljährlich (mit Ausnahme von 2010) die Konzentration dem Waldstück „Lammert“, nahe Krumbach.
Die Existenz des spätkeltischen Grabfeldes ist schon lange bekannt. Die Ergebnisse der Ausgrabungen zeigen, dass die Bestattungen nicht nur innerhalb der sogenannten Grabgärten stattfanden, sondern immer wieder auch Fundstücke außerhalb der hügelförmigen Erhebungen auftauchten.
Mit Scherben von vier Urnen (eine sogar noch mit Deckel erhalten) wurde in der jüngsten Grabungssaison das Fenster in die Vergangenheit wieder ein Stück weit mehr aufgestoßen, fügten sich weitere Puzzleteile zum Bild der Lebensumstände der Menschen, die lange vor der Zeitenwende den Biebertaler Hausberg besiedelten und an seinen Hängen lebten. Genau dies ist es, was das Grabungsteam auch in diesem Jahr wieder anspornte und faszinierte.
Pro Tag waren es im Durchschnitt bis zu 20 Grabungsteilnehmer, die nicht nur mit Begeisterung, sondern auch, angeleitet durch die Archäologin Regine Müller und unter Leitung von Arnold Czarski, mit wissenschaftlicher Methodik ans Werk gingen.
Längst „infiziert“ ist auch Werner Rüspeler aus Fellingshausen, der mit Abstand älteste Teilnehmer und schon viele Jahre im Team der Ehrenamtlichen dabei, in dem sich alle Alters- und Berufsklassen finden, außerdem Studenten aus Gießen und Bochum und mit Pauline Meunier auch eine Französin aus Paris, die hier beim Archäologieverein ihr Studiumspraktikum absolvierte.

Wer auf einen Fund stößt, darf ihn auch bergen – eine Art Ehrencodex. Neben den Urnen wurden auch Grabbeigaben in Form mehrerer Fibeln aus Bronze und Eisen geborgen. Im Museum, das jeden ersten und dritten Sonntag im Monat von 14 bis 16 Uhr oder auch nach Vereinbarung außerhalb dieser Zeiten geöffnet hat, können die inzwischen restaurierten Funde des vergangenen Jahres besichtigt werden. Freie, anerkannte Restauratoren führen diese Arbeiten durch. Der Verein will, wenn die Finanzierung steht, auch die neuen Funde restaurieren lassen. Rund 3000 Euro kostet allein die Restauration der keramischen Fundstücke.
Das Team untersuchte auf dem Dünsberg im Bereich der Siedlung auch zwei neue Rückewege mit einer Gesamtlänge von 300 Metern. Hierbei konnten etwa 100 antike Gegenstände, von denen 90 Prozent aus Eisen und der Rest aus Bronze sind, geborgen werden. Die Fahrspurtiefe durch die Holzerntemaschinen betrage bis zu einen halben Meter. Dadurch seien nicht nur Funde, sondern auch Befunde stark gefährdet, so Czarski, weshalb man hierfür für 2015 eine Grabungsgenehmigung beantragen werde.

Quelle: Gießener Allgemeine, 03.09.14 – Artikel: Voker Mattern