Concordia – ältester Verein Fellingshausens vor dem Aus

Volker Mattern berichtete im Gießener Anzeiger vom 11. 8. 2021, von der Jahreshauptversammlung des Traditions-Gesangvereins Concordia 1891 in Fellingshausen, der nach 130 Jahren vor dem Aus steht. Entschieden werden muss das noch in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung; vorab aber schon wurde beschlossen, dass ab 2022 keine Mitgliedsbeiträge mehr erhoben werden und auch der Chorleiterin Lidia Peiß. die über 16 Jahr den Ton angab, wurde fristgerecht gekündigt.
Schon 2020 hatten corona-pandemie-bedingt keine Chorproben mehr stattfinden können, aber auch der Nachwuchs fehle. Von den 66 Mitgliedern seien noch 33 aktiv gewesen – aber der Altersdurchschnitt läge bei den Frauen bei 73 Jahren und bei den Männern bei 77 Jahren. Zudem hatten das in den letzten 10 Jahren erfolgreiche Vorstandstrio Monika Wack, Helga Gerlach und Jutta Waldschmidt bereits bei der letzten Wahl angekündigt, nicht weiter kandidieren zu wollen. Trotz etlicher Gespräche, auch mit dem Solmser Sängerbund, ist bislang keine andere Perspektive in den Blick gekommen, als die Abwicklung des Vereins in der Eintracht, wie es dem Geist der römischen Götting Concordia entspricht. So lange bleibt der amtierende Vorstand noch in kommissarischer Funktion im Amt – es sei denn, die Mitgliederversammlung reiße das Ruder noch einmal herum; damit Musik weiterhin den Alltag von der Seele waschen kann. So stand es auf den Urkunden, die den treuen Mitgliedern der Vereins ausgehändigt wurden: Rudi Gerlach und Karl-Heinz Leib für 60 Jahre, Gerold Rentrop für ein halbes Jahrhundert, Heike und Irene Crombach für 40 Jahre aktive Mitgliedschaft sowie Heike Reeh und Volker Mattern für 25 Jahre Vereinszugehörigkeit.

Aber nicht nur Fellingshausen ist von dieser Problematik betroffen. Die Gesangvereine Teutonia Frankenbach und die Chorgemeinschaft GV Frohsinn-Harmonie Krumbach haben beschlossen, eine Chorgemeinschaft zu bilden, um wieder singfähig zu werden – das vermeldete der Gießener Anzeiger, 10. 8. 2021. Zusammen seien es dann wieder 25 aktive Sängerinnen und Sänger, die die Proben noch im August unter Leitung von Lidia Peiß wieder aufnehmen wollen.

450. Wochenmarkt in Fellingshausen

Die Gründerväter des Marktes

Seit einem halben Jahr war Anfang 2012 der Rewe-Nahkauf im Ort geschlossen. Die einfachsten Lebensmittel konnten innerhalb des Ortes nicht mehr fußläufig besorgt werden. Da kam die Idee von einem Wochenmarkt auf. Helmut Mattig, einer der Gründerväter des Marktes, ist bis heute mit vollem Einsatz dabei.

v. l. Helmut Mattig, Dieter Synowzik, Friedel Winter

Uwe Volk aus Rodenhausen mit Eiern, Handkäs und Honig; Heinz-Ulrich Dewald aus Pohlheim mit Obst und Gemüse; Bäckerei Schmitz aus Asslar mit Bauernbrot, Brötchen und Kuchen; Petra und Berthold Arjes aus Lohra mit Hausschlachtwurst, Eiern und Kochkäs; Susanne Schneider aus Frankenbach mit selbst erzeugtem Honig und Honigprodukten; sowie Friedel Winter aus Fellingshausen mit einem Glühweinstand, bzw. später Kaffee und Kuchen, waren die ersten Marktbeschicker. Einige von Ihnen sind bis heute zum 450. Markt mit dabei. Aus dem Glühweinstand wurde das Markt-Café. Dies kann aber aufgrund von Corona zur Zeit nicht geöffnet werden. Darüber hinaus gab es immer wieder neue Stände und andere mussten leider aufgegeben werden. Auch Sonderaktionen und Sonderstände sind immer wieder neben den Lebensmitteln zu finden. So gibt es im Frühjahr immer über einige Wochen einen Stand mit Pflanzenverkauf von der Gärtnerei Niekisch aus Kinzenbach. Auch hält der Markt immer wieder Überraschungen bereit. So gaben die Cappuccinos am 19.03.2015 ein 30 minütiges musikalisches Stell-dich-ein. Das kam bei der Boyband scheinbar so gut an, dass sie am 29.9.2018 den Markt erneut besuchten und ihr neues Album “Krasse Zeit” vorstellten. Das hat natürlich viele Zuschauer angezogen und den Marktbetreibern viel Freude bereitet. Im März 2018 wurde zudem ein Hol- und Bringdienst eingerichtet, der von Herrn Martin Waldschmidt gerne durchgeführt wird. Somit hat auch die ältere Generationen eine Chance, den Wochenmarkt zu besuchen. Auch die Schülerbetreuung “Keltenfüchse” gibt immer wieder mal ein Stell-dich-Ein und unterstützt den Markt mit einem eigenen Stand.

Viele der Marktbeschicker sind jede Woche, wie auch zum Jubiläum, da und mit dem Kundenzuspruch sehr zufrieden. Erwähnt werden sollte hier, das Edeka Falk das Obst und Gemüse spendet und der Verkauf durch ehrenamtliche Personen aus dem Ort übernommen wird. Laastener Tropfen aus Lützellinden waren pünktlich zum Jubiläum zum ersten Mal vertreten. Sein Angebot sind die „Laastener Tropfen“, das sind Obstbrände vom eigenen Obst aus Leihgestern, gebrannt in der Wetterau bei der Brennerei „Weidmann & Groh“. Spezialität ist sein Traubenbrand vom eigenen Weinberg – mit Sicherheit der Einzige im Landkreis Gießen. Er war sehr zu frieden und beabsichtigt in Zukunft wieder zu kommen. Zwar nicht wöchentlich, aber in einem bestimmten Rhythmus, den er mit Marktleiter Helmut Mattig noch bespricht.

Laastener Tropfen aus Lützellinden

Auch einige Kunden haben wir befragt, wie sie den Wochenmarkt finden und was sie eventuell noch für Wünsche hätten. Hier die ersten Antworten:

Wussten Sie das heute ein kleines Jubiläum ist? 450. Wochenmarkt in Fellingshausen.

Kundin 1: Ja
Kundin 2: Nein
Kunde: Ja, war wieder vor Ort

Wie finden Sie den Wochenmarkt hier in Fellingshausen?

Kundin 1: Sehr gut
Kundin 2:  Super. Es ist zwar viel kleiner, als der in Gießen, aber es ist alles da, was man braucht. Besonders die Musik ist schön.
Kunde: Hat sich in den 10  Jahren sehr gut entwickelt

Kommen Sie regelmäßig, um Ihre Einkäufe hier zu erledigen?

Kundin 1: Nein, leider beruflich nicht möglich
Kundin 2: Nein, leider nicht
Kunde: Ja, seit Bestehen.

Fehlt irgendetwas oder hätten Sie Wünsche und Anregungen?

Kundin 1: Ich finde das Angebot sehr gut und finde es sehr beeindruckend, wieviel Engagement dahinter steckt und ich hoffe sehr, dass der Markt weiterhin bestehen bleibt.
Kundin 2: Es ist super. Wenn kein Corona ist vielleicht noch ein paar Sitzgelegenheiten.
Kunde: Ich weis wie schwer es ist Marktbeschicker für Milchprodukte zu
finden. Das Bestreben nicht aufgeben, denn das wäre eine zusätzliche
Bereicherung  Ein Wunsch, dass noch mehr Fellingshäuser die Arbeit der
ehrenamtlich tätigen Personen für den Markt durch ihren Besuch und
Einkauf unterstützen und würdigen.

Zum Abschluss mal ein großes Dankeschön an Marktleiter Helmut Mattig. Egal ob Kunde, Händler oder Presse – er hat für alle ein offenes Ohr und versucht jedem gerecht zu werden. Ohne einen solchen Einsatz wäre der Wochenmarkt vielleicht schon wieder passé. Ein Interview mit ihm findet ihr im übrigen im Bericht in der Dorfzeitung.

Bilder: C. Haus, Wochenmarkt
Quelle: Infomaterial von Helmut Mattig


Helmut Mattig ergänzte den Beitrag um folgenden Text und weitere Bilder von Volker Mattern:

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin P. Ortmann,

anbei noch ein paar Bilder vom kleinen Jubiläum, die mich heute erreichten, zur Kenntnis.

„Danke“ noch mal für den Glücksaufstrich und die Aussicht auf einen festen Unterstand (Carport).
Können wir vom Marktteam davon ausgehen das die Fa. Chr. Ruppert den Auftrag erhält?
(eingereichtes Angebot)
In den kommenden Biebertaler Nachrichten ( 21. Mai) haben wir schon mal eine wage Vorschau gemacht.

Eine wage Vorschau:
Falls die Inzidenz im Landkreis weiter sinkt, die Biergärten vielleicht öffnen dürfen,
dann ist es auch nicht mehr weit unser beliebtes Markt – Cafe` zu öffnen!

Wir laden Sie jetzt schon dazu ein und Sie als Ordnungshüterin geben uns „Grünes Licht“ wann wir öffnen dürfen.

Mit freundlichen Grüßen
Helmut Mattig, Marktteam

Fotos: Volker Mattern, der auch den folgenden Text schrieb:

Concordia Fellingshausen und Klaus Bergmann

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Foto: Mattern

2009 wurde der Jubilar für sein ehrenamtliche Engagement mit dem Landesehrenbrief Hessen ausgezeichnet.

Quelle: Gießener Anzeiger, 20.02.2021

„Singen hält jung und agil“, sagt
Klaus Bergmann, der Ehrenvorsitzende des Gesangvereins 1891 »Concordia« Fellingshausen, der am 16. 02. 2021 sein 80jähriges Wiegenfest feiern durfte.

In Horn bei Bleistadt (Sudetenland) geboren, fand der Jubilar, nachdem er die Vertreibung erleben musste, mit seiner Familie 1946 in Fellingshausen ein neues Zuhause.
Seit 1959, also heuer seit 62 Jahren, ist Bergmann Mitglied der Sängerfamilie. 31 Jahre davon lenkte er im Vorstand die Geschicke des Vereins mit: 7 Jahre als 2. Vorsitzender, 10 Jahre als Kassenwart und 8 Jahre als 1. Vorsitzender – nachdem sein Vorgänger Heinz Waldschmidt plötzlich verstorben war.

2011 übernahm die Damenriege mit Monika Wack, Helga Gerlach und Jutta Waldschmidt als neues Führungstrio ein wohlbestelltes Feld.

Von 2002 bis 2009 kümmerte er sich beim Brunnenfest der Vereinsgemeinschaft als Kassenverwalter.
Seit 2006 singt Bergmann auch als aktives Mitglied im Biebertaler Männerchor.
Zudem packt er in der Bürgerkommune Fellingshausen an und unterstützt als Markthelfer das Marktteam des Wochenmarktes in Fellingshausen.

Weihnachtsgrüße

Weihnachtsbaum 2020 am Dorfbrunnen – Foto: Monika Wack

Die Vereinsgemeinschaft Fellingshausen wünscht allen Biebertalerinnen und Biebertalern eine frohe und besinnliche Weihnachtszeit und schöne Weihnachtstage. Lassen wir 2020 zu Ende gehen und das kommende Jahr mit den 3 Weisen des Jahres 2021 beginnen, die da heißen: Gesundheit, Geduld und Hoffnung.

Viele Grüße
Steffen Balser
1. Vorsitzender
Vereinsgemeinschaft Fellingshausen

In diesem Jahr findet man wieder, in diesem Jahr sogar zwei, anonym geschmückte Weihnachtsbäume im Wald oberhalb von Fellingshausen, ein Krippe am Lapidarium … und

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Fotos: Barbara Lindemann

hier nur einige Beispiele vom Krippenweg am Dünsberg.

Reden zum Volkstrauertag 2020

Kranz der Vereinsgemeinschaft Fellingshausen

In diesem Jahr gibt es zwar keine Rede vor Publikum, dafür aber schriftliche Gedanken zum Volkstrauertag;
nachfolgend können Sie die oben im Bild zu sehenden Worte der Vorsitzenden der Vereinsgemeinschaft Fellingshausen, Steffen Balser, lesen und im Anschluss daran der Text des stellvertretenden Ortsvorstehers in Fellinghausen, Dr. Alfons Lindemann.


2020 – verlorenes Jahr?

Jedes Jahr im November begehen wir den Volkstrauertag und gedenken der Opfern beider Weltkriege.
Wir denken an die Soldaten, die an der Front gefallen sind, den unzähligen Menschen, die durch direkte Kriegs-handlungen getötet wurden, den zahlreichen Opfern, die durch das NS-Regime ums Leben kamen und den Menschen auf der ganzen Welt, die durch Krankheit, Not und Elend starben.
Aber erinnern wir uns nicht nur an die Opfer der vergangenen Kriege. Auch heute fallen noch immer Soldaten in den verschiedenen Regionen der Welt.

Am 9. 11. jährt sich die Reichsprogromnacht in diesem Jahr zu 82. Mal. In dieser Nacht brannten Synagogen und jüdische Geschäfte im ganzen Deutschen Reich. Tausende Juden wurden misshandelt, verhaftet oder getötet. Spätestens an diesem Tag konnte jeder in Deutschland sehen, dass Antisemitismus und Rassismus bis hin zum Mord staatsoffiziell geworden waren. Diese Nacht war das offizielle Signal zum größten Völkermord in Europa. Aber dieser Hass richtet sich nicht ausschließlich gegen Juden, sondern gegen jeden in der Bevölkerung, der die Machenschaften der Nationalsozialisten nicht unterstützte.

Auch heute liest man in der Zeitung, dass rechte Gewalt in Deutschland wieder zunimmt. Rechtsextreme Gruppierungen erstarken und Aggression gegen Geflüchtete und Asylbewerber nehmen zu. Der Verfassungsschutz zählte im Jahr 2019 mehr als 22.300 Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund. Darunter fällt z.B. der Mord des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübke oder die Attentate vor der Synagoge in Halle und am 19. Februar in der Hanauer Innenstadt. Aber spätestens, als am 29. August 2020 ca. 400 Rechtsextremisten und Regierungskritiker versuchten das Reichstagsgebäude zu stürmen, müssen bei jedem von uns alle Alarmglocken angehen.

Das Jahr 2020 ist sowieso ein verrücktes Jahr, wie es in der Geschichte selten vorkam. Selbst in unserer gefestigten Demokratie passieren Dinge, die wir vor einem Jahr für unvorstellbar hielten. In Deutschland gibt es unzählige Einschränkungen gegen das Grundgesetz. So wird z.B. die freie Entfaltung der Persönlichkeit, die Religionsfreiheit, die Versammlungsfreiheit und das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung eingeschränkt. Dies alles passiert durch Verordnungen, die die Bundes- und Landesregierungen erlassen.
Es ist die Aufgabe der Regierung, dafür zu sorgen, dass die Gesundheitsvorsorge der Bevölkerung sicher gestellt wird; aber politische Debatten über Einschränkungen müssen in den Parlamenten geführt und dort mehrheitlich durch unsere gewählten Volksvertreter beschlossen werden.

Möglicherweise bietet die Cornoa-Pandemie auch eine Chance, um uns wieder auf die wichtigen Werte zu besinnen, So kümmern wir uns in dieser Zeit z.B. um unseren Nachbarn, der zum Einkaufen nicht das Haus verlassen kann, ober wir danken den Menschen im Gesundheitswesen, die mit dem Risiko leben, selbst infiziert zu werden und sich dennoch um Alte und Kranke kümmern. Wir unterstützen uns in Krisenzeiten und lassen niemand alleine, auch wenn wir Abstand halten.

Wie oft sind es erst die Ruinen, die den Blick auf den Himmel freigeben.
Lasst uns dafür kämpfen, dass die Welt wieder ein Stück näher zusammenrückt und dass wir die Hoffnung auf eine bessere Welt nach Cornona nicht verlieren.

Denn:
“selig sind die, die Frieden stiften”

Für die Vereinsgemeinschaft Fellingshausen
Steffen Balser

Fotos: Steffen Balser

Liebe Fellingshäuser/innen,

im November, wenn das Laub von den Bäumen fällt und uns an den Tod erinnert,
gedenken wir an Allerheiligen der Toten und erinnern uns am Volkstrauertag speziell
an die Kriegsopfer und all der menschengemachten Leiden.

2020 ist in dieser Hinsicht ein besonderes Jahr.
Denn 2020 ist die Fragilität des Lebens im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie
in den Medien das dominierende Thema des Jahres.

Vielfach wird nun gewünscht: „Bleib gesund!“

Dabei hat sich – still und leise – eine Klima der Angst breit gemacht;
Angst vor Infektion, Krankheit und Tod, Angst andere anzustecken, Angst vor Beschädigungen unserer Demokratie und vor Verlust des vertrauten Lebensstils.

Ein Virus braucht Wirte, in denen er sich vermehren und überleben kann.
Sinnvollerweise gehen wir auf Abstand; wir verschleiern unsere Gesichter und desinfizieren, was das Zeug hält, womit das „Überspringen“ von Vieren verhindert werden soll.

So finden in diesem Jahr auch keine gemeinsamen Gedenkgottesdienste statt, keine Reden, kein Chorgesang. Bürgermeisterin und Ortsvorsteher/innen legen allein, stellvertretend in stillem Gedenken in den Ortsteilen von Biebertal Kränze nieder.

Das ist eine gute und richtige Vorsichtsmaßnahme, die den Respekt vor den Lebenden zum Ausdruck bringt.

Leider trägt die nun seit Monaten praktizierte Distanz, wie auch der fehlende Einblick in die Mimik unserer Mitmenschen, dazu bei unschöne Gefühle zu verstärken: das Gefühl der Unsicherheit, des Ausgeliefertseins und der bewusst gewordenen Zerbrechlichkeit des Lesens sowie eine Grundhaltung von Misstrauen und Angst.
Wie schön war es doch, als wir uns über die Nähe zu anderen das Gefühl der Zugehörigkeit versichern konnten, uns geborgen und getröstet fühlen konnten!
Wie schön war es, als wir uns ungezwungen zum Essen verabreden konnten oder dem einen oder anderen Kunstgenuss frönen, zum Eintrachtspiel fahren und uns in der Nordwestkurve dem Taumel der Gleichgesinnten hingeben oder selbst singen … und und und … konnten.

Irrwitzigerweise sprachen Politiker davon, wir seien im Krieg gegen Corona.
Nein, das sind wir nicht!
Ja, wir müssen uns mit einem Naturphänomen auseinandersetzen,
aber nicht mit einem menschengemachten Desaster.

Die Kriege, Vertreibungen, Terrorangriffe gibt es noch immer an vielen Stellen der Welt und die Opferzahlen von Krieg, Hunger und Vertreibung sind um ein vielfaches höher, als die Opferzahlen der “durch oder mit” dem SRAS-Cov19-Virus verstorbenen.

Und auch in unserem Land sind die Wunden der letzten 100 Jahr längst nicht verheilt:
Spukgeister der Vergangenheit tauchen wieder vermehrt auf: Ressentiments, Vorurteile, Sündenbockdenken und ähnliches; manche klammern sich an längst überwunden geglaubte nationalistische und rassistische Scheinideale, wünschen sich „wissende“, bestimmende, für Ordnung sorgende, autoritäre Machthaber oder leiden an psychologischen Deformierungen und stellen die Basis unseres Wissens mit Fake Informationen und Befindlichkeiten in Frage; oder meinen, in religiösem oder ideologischem Wahn, im Besitz von Wahrheiten zu sein, die sie anderen mit Gewalt beibringen zu müssen glauben.

Darunter aber liegen sehr häufig alte Kränkung, Demütigung, Verletzung, vermeintliche Ansprüche auf Land, Bodenschätze, Wasser, Wissen usw., die als Motiv und Rechtfertigung für Gewalt, im gesellschaftlichen, wie im persönlichen, geltend gemacht werden.
Auf die psychologischen Hintergründe war ich im letzten Jahr eingegangen.
Als Ausgleich für dieses Gefühl der Schwäche bieten sich reale Macht, wie das Gefühl von Macht, aber auch Gier und Geiz als (scheinbare) Kompensation für die selbst oder von den Vorfahren erlebten Traumata an.

Die unterschwellig – über epigenetische Mechanismen und über soziale Vererbung – aus der Vergangenheit durch die Generationen weitergereichte Angst mischt sich mit einer diffusen Angst vor der Zukunft, die wegen Klimawandel, Energie- und Wasserkrisen, Strukturwandel, Flüchtlingsströmen, Artensterben usw. als bedrohlich wahrgenommen wird.
Und, es ereilte uns in diesem Jahr eine Folge der Globalisierung und der schrumpfenden Lebensräume für Tiere, die es möglich machte, dass ein bis dato tierpathogener Keim auf die Spezies Mensch übersprang und unseren gewohnten Alltag durcheinander wirbelte.

Im Verlaufe des Jahres begriffen wir allmählich: das ist unsere neue Realität!
Wieder einmal müssen wir uns anpassen und mit der gegebenen Situation fertig werden.

Wenn wir heute der Opfer zweier Weltkriege gedenken, können wir auch sehen lernen,
wie die Menschen mit anderen schrecklichen Situationen fertig geworden sind,
wie sie – gegen alle Widerstände – mit Zuversicht an die Gestaltung ihres Lebensraumes herangegangen sind.
Zusammenhalt und Zusammenarbeit war dabei ein starker Anker, positive Ziele und Hoffnungen auf Besserung beflügelten sie und sie sorgten dafür, dass es ihre Kinder einmal besser haben könnten, als es der Elterngeneration vergönnt war. Schauen wir also nach vorn, formulieren wir attraktive, erreichbare, konkrete Ziele und lernen aus dem Blick in die Vergangenheit, was wir besser machen können.

In diesem Sinne ist der Volkstrauertag, wie auch die allgemeine Entschleunigung in diesem Jahr, ein Innehalten, eine Zeit zum Nachdenken darüber, was einer und einem jeden wirklich wirklich wichtig ist in diesem Leben.

Also: Bleiben Sie alle gesund!

Dr. med. Alfons Lindemann